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Positionen

Rechtspolitisches Papier 2023

Die Mitgliederversammlung des Landesarbeitskreises Christlich-Demokratischer Juristen im Freistaat Sachsen hat das jüngste Positionspapier zu rechtspolitischen Themen verabschiedet.

1. Demokratieförderung und politische Bildung

Ein funktionierender demokratischer Rechtsstaat setzt ein Mindestmaß an politischer Bildung seiner Bürgerinnen und Bürger voraus. Politische Bildung endet nicht mit dem Schulabschluss, sondern begleitet die Menschen ein Leben lang. Ziele und Inhalt der politischen Bildung an Schulen hat das Landesamt für Schule und Bildung im Jahr 2018 beschrieben.[1] Diese von Offenheit und Meinungsvielfalt geprägten Grundsätze, die den Anspruch politischer Bildung in politischer Mündigkeit sieht, müssen erst recht als Leitbild für die politische Bildung erwachsener Menschen dienen. Daher gelten auch die im Beutelsbacher Kongress[2] von 1976 festgelegten Grundsätze des Überwältigungsverbots (Indoktrinationsverbots) und der Kontroversität über den schulischen Bereich hinaus. Politische Bildung darf den Menschen nicht überrumpeln und an der Gewinnung eines selbständigen Urteils hindern. Das, was in Wissenschaft und Politik kontrovers diskutiert wird, muss auch in der politischen Bildung kontrovers dargestellt werden und die Bürgerinnen und Bürger befähigen, die unterschiedlichen im Rahmen einer freiheitlich demokratischen Grundordnung diskutierten Argumente eigenständig abzuwägen. Der Staat darf seine Bürgerinnen und Bürger nicht indoktrinieren. Dies war eine der wichtigsten Forderungen der Friedlichen Revolution 1989.

Vor diesem Hintergrund erscheint es problematisch, wenn die Bundesregierung die Einführung eines Demokratieförderungsgesetzes plant[3], das vor allem die Förderung einer der Ampelkoalition genehmen „Zivilgesellschaft“ und von parteinahen NGOs im Blick hat. Bedenklich ist, dass diese über keinerlei demokratische Legitimation verfügen und Lobbyarbeit betreiben. Sie haben weder einen staatlichen Erziehungs- noch einen Bildungsauftrag. Ihre Förderung kann insbesondere das im Grundgesetz verankerte Parteienprinzip konterkarieren. Politischen Parteien kommt es zu, die Stimmungen aus der Bevölkerung aufzugreifen, den Volkswillen zu kanalisieren und an der politischen Willensbildung mitzuwirken.[4] NGOs verfolgen primär Partikularinteressen, ihnen wird durch die staatliche Förderung eine herausgehobene Position zuteil, die zu einer Verzerrung des demokratischen Wettbewerbs der Meinungen führen kann.

Im Bereich der Demokratieförderung besteht die Gefahr, dass staatliche Leistungen nach der politischen Interessenlage der jeweiligen regierungstragenden Parteien vergeben und somit öffentliche Gelder in Verkennung des Gebots der staatlichen Neutralität zweckentfremdet werden. Da im Gesetzesentwurf eine Extremismusklausel nicht vorgesehen ist, könnten zudem Organisationen gefördert werden, die nicht auf dem Boden des Grundgesetzes und der Sächsischen Verfassung stehen. Das gilt insbesondere für Organisationen aus dem extremistischen Spektrum. Der LACDJ Sachsen fordert, politische Bildung in einer Weise zu fördern, die fern von den jeweiligen Regierungsparteien organisiert ist und breite gesellschaftliche Gruppen einschließt.

2. Gleichberechtigung und Chancengleichheit

Unterschiedliche Einkommens-, Vermögens- und Lebensverhältnisse zwischen einzelnen Menschen und Gruppierungen sind Ausdruck der Einzigartigkeit des Menschen. Nach dem christlichen Menschenbild, wie es in Abschnitt II. 1. der Grundwertecharta der CDU Deutschlands[5] zum Ausdruck kommt, ist jeder Mensch als von Gott geschaffenes Wesen einzigartig, unverfügbar und soll frei und selbstbestimmt leben können. Christdemokratisches Gemeinschaftsdenken bringt individuelle Freiheit und gesellschaftliche Solidarität, Eigenverantwortung gepaart mit Leistungsbereitschaft und Sozialstaat in eine Balance (Abschnitt II. 2. der Grundwertecharta).

Unterschiede zwischen einzelnen Menschen und Gruppierungen unterliegen nicht per se einem sozialen Ausgleich. Benachteiligungen bestehen nicht schon dann, wenn bestimmte Menschen oder Gruppierungen weniger erreichen als andere oder über geringeren gesellschaftlichen oder politischen Einfluss verfügen. Soziale Gerechtigkeit ist nicht zu verwechseln mit sozialer Gleichstellung, die schon das Grundgesetz nicht gebietet. Die Verfassung kennt kein Gebot faktischer Gleichheit.

In der politischen Diskussion dürfen Argumente nicht durch Schlagworte wie „strukturelle Benachteiligung“ ersetzt werden. Es ist immer zu fragen, worauf Unterschiede genau beruhen und wie diese zu erklären sind. Das gilt auch dann, wenn die Antworten unbequem sind. Nur wesentlich Gleiches ist gleich zu behandeln, wesentlich Unterschiedliches darf hingegen nicht gleichbehandelt werden.

Gleichstellung ist nicht im Sinne einer Erfolgsgleichheit zu verstehen, sondern lediglich im Sinne einer Chancengleichheit, die Durchlässigkeit und Aufstiegschancen ermöglicht. Sie darf nicht zu einer Aufspaltung der Gesellschaft und zur Zuteilung von Teilhabe nach bestimmten Identitäten und damit zur Diskriminierung von Menschen führen, die nicht eine bestimmte Identität besitzen. Ein solches Verständnis führt zu einer rückwärtsgewandten Einteilung in Gruppen und betont geradezu die Unterschiedlichkeit und steht damit dem eigentlichen Ansinnen einer gelebten Gleichberechtigung ohne Ansehen der unterschiedlichen Hintergründe entgegen. Gesellschaftliche Spaltung und Konflikte sind letztlich Resultat eines solchen Verständnisses.

Wohlstand für alle kann im Erfolgsmodell der sozialen Marktwirtschaft nur durch die Summe der Leistungen des Einzelnen erreicht werden. In einer Leistungsgesellschaft muss der Staat Anreize setzen, damit die Bürgerinnen und Bürger ihr Leistungspotential ausschöpfen. Leistung muss sich lohnen. Das Leistungsprinzip darf nicht zugunsten einer Verteilungsgleichheit unterminiert werden.

3. Zukunft der Justiz

Zur Durchsetzung von Recht bedarf es einer starken, den demokratischen Rechtsstaat sichernden dritten Staatsgewalt, die zukunftsfähig sein muss. Hierzu ist insbesondere eine hervorragende personelle und sachliche Ausstattung von Gerichten und Staatsanwaltschaften notwendig. Bei der Besetzung von Justizministerien ist in besonderer Weise auf das Vorliegen erforderlicher Sach- und Fachkenntnis zu achten. Justizpolitik muss wieder mehr in den Fokus christdemokratischer Politik rücken. Die CDU sollte das Amt der Justizministerin oder des Justizministers anstreben.

  • a) Personalgewinnung

Ein auf allen Ebenen ausreichend ausgestatteter Personalkörper ist Voraussetzung für eine funktionierende Justiz. Der Mangel an qualifizierten Fachkräften macht sich schon jetzt bei den Gerichten und Staatsanwaltschaften bemerkbar. Bis zum Jahr 2030 wird fast jeder zweite sächsische Richter oder Staatsanwalt in Pension gehen.[6] Der mit dem personellen Aderlass verbundene immense Personalbedarf darf nicht dazu führen, die Qualität der Rechtspflege zu vermindern. Der Rechtsstaat darf keinen Schaden nehmen.

Es ist zu prüfen, ob die derzeit geltende Altersgrenze für die Berufung in das Richterverhältnis von 42 Jahren (§ 3 SächsRiG i. V. m. § 7 SächsBG) auf 47 Jahre anzuheben ist.

Für den Rechtspflegerberuf finden sich ebenfalls immer weniger qualifizierte Bewerber.

Um Anreize zu schaffen, fordert der LACDJ daher konkret, nach dem Vorbild Hessens[7] im Bereich der R-Besoldung die erste Erfahrungsstufe zu streichen und nach dem Vorbild Baden-Württembergs[8] Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger nach Abschluss ihres Studiums in die Besoldungsstufe A 10 einzustufen.

  • b) Digitalisierung

Der digitale Wandel in der Gesellschaft macht vor Gerichten und Staatsanwaltschaften keinen Halt. Die Justiz muss sich den damit verbundenen Herausforderungen stellen und darf im Hinblick auf den Fortschritt der Digitalisierung nicht hinter anderen Bereichen zurückstehen, insbesondere nicht gegenüber der Anwaltschaft und der Wirtschaft.

Die Einführung der E-Akte ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Die damit einhergehenden Probleme dürfen jedoch nicht unter den Tisch gekehrt werden. Das betrifft insbesondere die mit der E-Akte verbundene Mehrarbeit für den gesamten Personalkörper der Justiz, die endlich fair bemessen, von den zuständigen Ministerien anerkannt und zu einer spürbaren personellen Aufstockung der Gerichte führen muss.

Zudem muss die Performance der in der Justiz verwendeten EDV dringend verbessert werden. Wenn nötig, müssen der Sachverstand externer Experten eingeholt oder Aufträge an EDV-Unternehmen vergeben werden.

Digitalisierung ist kein Selbstzweck. Sie soll hauptsächlich dazu dienen, den Schriftverkehr mit dem rechtssuchenden Bürger oder der Anwaltschaft zu vereinfachen, die Bearbeitung gerichtlicher Verfahren zu beschleunigen und Gerichte und Staatsanwaltschaften personell zu entlasten. Als Nebenzweck führt die Digitalisierung im Sinne der Nachhaltigkeit zu einer Einsparung von Platz für die Archivierung von Akten und zur Verringerung des Papierverbrauchs. Wenn diese Zwecke jedoch besser mit konventionellen Methoden erreicht oder gar nicht erreicht werden können, darf Digitalisierung nicht um ihrer selbst willen betrieben werden.

  • c) Aufgaben von Justizministerien

Justizministerien kommt mit Blick auf das Gewaltenteilungsprinzip eine besondere Bedeutung für die Gewährleistung der Unabhängigkeit und Funktionsfähigkeit der Gerichte zu. Es erscheint daher problematisch, wenn Justizministerien mit Ministern und Ministerinnen besetzt werden, die mit fachfremden Ressortaufgaben überfrachtet werden.[9] Die ureigene Aufgabe eines Justizministeriums als Spitze der Verwaltung von Gerichten, Staatsanwaltschaften und Vollzugsanstalten und somit als Garant der Funktionssicherung des Rechtsstaats rückt so immer weiter in den Hintergrund und wird der politischen Beliebigkeit überlassen. Es muss verhindert werden, dass durch fachfremde Interessenskonflikte innerhalb des Justizministeriums die Erfüllung dessen zentraler Aufgaben geschwächt wird.

Justizpolitik darf nicht auf Kosten anderer Politikbereiche geschwächt werden. Für einen starken Rechtsstaat ist ein starkes Justizministerium notwendig, das sich auf die Justiz als seine Kernaufgabe konzentriert.

4. Familie

Die Familie ist das Fundament und die Keimzelle unserer Gesellschaft. Sie übernimmt Verantwortung und vermittelt Werte. Familien brauchen Achtung, Sicherheit und staatliche Förderung, insbesondere bei der Kinderbetreuung, der Suche nach Arbeit und bezahlbarem Wohnraum sowie bei der Schaffung von Wohneigentum. Christdemokratische Politik muss das Bewusstsein dafür stärken. Hierzu gehört nicht nur Rechtssicherheit.

In einer von zunehmendem Geburtendefizit geprägten Bevölkerung, die für den Erhalt ihrer Stärke auf Migration angewiesen ist, bedarf es besonderer familienpolitischer Maßnahmen. Der LACDJ Sachsen fordert daher, die Einführung des Familiensplittings, bei dem sämtliche Mitglieder einer Familie – insbesondere Kinder – steuerlich berücksichtigt werden.

5. Meinungsvielfalt und Diskurs

Die Meinungsfreiheit ist unmittelbarster Ausdruck der menschlichen Persönlichkeit in der Gesellschaft, eines der vornehmsten Menschenrechte überhaupt und für eine freiheitliche demokratische Staatsordnung schlechthin konstituierend. Der Staat darf in dieses Grundrecht nur äußerst zurückhaltend eingreifen. Er ist weder Schiedsrichter im freien Meinungskampf noch ist es seine Aufgabe, seine mündigen Bürger zu „guten Staatsbürgern“ zu erziehen. Er hat weder die ethische Qualität und den Wert bestimmter Meinungen noch die Einhaltung der Grenzen des „guten Geschmacks“ bei der Form der Meinungsäußerung zu prüfen und zu bewerten.

Politische Taktiken, die sich der Methoden des „Framing“ (Festlegung auf ein bestimmtes Bedeutungsumfeld) oder „Nudging“ (im Sinne einer verschleierten Verhaltensbeeinflussung) bedienen, „Grenzen des Sagbaren“ ziehen wollen oder sonst darauf abzielen, den freien Prozess der Meinungsbildung zu lenken, zu begrenzen und dessen Richtung vom Bürger hin zum Staat umzukehren, sind daher mit diesem Grundverständnis unvereinbar.

Der Staat darf sich nicht als „Sprachpolizist“ betätigen und seinen Staatsbürgern vorschreiben, wie sie etwas auszudrücken haben. Die Sprache ist das Medium der Meinungsäußerung, jeder Verständigung in einer pluraler werdenden Gesellschaft und damit essenziell für einen demokratischen Diskurs. Ihre Weiterentwicklung obliegt allein der – grenzüberschreitenden – deutschen Sprachgemeinschaft. Mit der Sprache kann auch Hässliches, Hasserfülltes, Verletzendes und Geschmackloses ausgedrückt werden. Dies zu beurteilen und zu bewerten ist Angelegenheit der Kommunikationspartner und gegebenenfalls der interessierten Öffentlichkeit.

Der demokratische, liberale Rechtsstaat des Grundgesetzes ist gerade durch die Möglichkeit eines steten Wandels vorherrschender Ansichten in einem freien, nie endenden Prozess gekennzeichnet. Damit unterscheidet er sich fundamental von allen totalitären Staatsmodellen, die bestimmte Aussagen, Lehrsätze und Ideologien für unantastbar und nicht hinterfragbar erklären. Auch für die Wissenschaftsfreiheit ist – wie auch das Bundesverfassungsgericht betont – die prinzipielle Unabgeschlossenheit des Erkenntnisprozesses und damit die stets andauernde Wahrheitssuche konstitutiv.

Vor diesem Hintergrund sieht es der LACDJ als für den demokratischen Diskurs bedenklich an, wenn öffentliche Stellen, insbesondere Schulen und Universitäten, Menschen zum Gendern veranlassen und das Nicht-Gendern sanktionieren. Da Sprache für alle Gesellschaftsschichten verständlich und nachvollziehbar sein muss, erscheint der Versuch einer faktischen Durchsetzung eines aus den Gender-Studies entwickelten und in sich nur teilweise schlüssigen Sprachkonzepts höchst problematisch.

Die staatliche Förderung oder Einrichtung von „Meldestellen“ für vermeintlich antifeministisches, queer- oder rassistisches Verhalten, das unterhalb jeglicher Strafbarkeitsschwelle liegt, verstößt ebenfalls gegen die aufgezeigten Grundsätze der Meinungsfreiheit und ist für den demokratischen Diskurs in einer Gesellschaft schädlich. Sobald derartige Äußerungen einen Straftatbestand erfüllen, sind für deren „Meldung“ die Strafverfolgungsbehörden zuständig. Liegt keine Straftat vor, darf der Staat gemeldete Daten weder erheben oder sammeln noch speichern oder verwerten. Andernfalls droht das Abdriften in eine „Gesinnungspolizei“.

6. Rolle der Politik

In einer Gesellschaft, die sich durch zunehmende Ausdifferenzierung und Ausprägung von Singularitäten kennzeichnet[10], genügt es zur Lösung von gesellschaftlichen Konflikten nicht, Homogenität und ein vermeintliches Wir-Gefühl zu beschwören. Die CDU als „Partei der Mitte“ muss aktiv die Aufgabe eines Mediators übernehmen, zwischen Partikularinteressen vermitteln, gezielt nach Kompromissen suchen und Lösungen finden. Christlich-demokratische Politik sieht sich allen Bürgern gegenüber verpflichtet. „Mitte“ ist mehr als ein Standort in der Parteienlandschaft oder der Bezugspunkt der Sitzordnung im Parlament. „Mitte“ kommt von vermitteln und bringt die Aufgabe mit sich, behutsam einen Ausgleich zwischen verschiedenen Belangen herzustellen.[11] Hierzu gehört, allen Bürgerinnen und Bürgern zuzuhören und alle zu beteiligen. Demokratie als Prozess funktioniert von unten nach oben, nicht umgekehrt.

Beteiligungsrechte im parlamentarischen Prozess müssen gestärkt und dürfen nicht mit Blick auf die Dringlichkeit oder Wichtigkeit gesetzgeberischer Vorhaben ausgehöhlt werden, wie das Bundesverfassungsgericht in seiner jüngsten Rechtsprechung bestätigt hat.[12] Hierzu gehört eine möglichst frühzeitige Einbindung von allen am Gesetzgebungsverfahren zu beteiligenden Institutionen unter Einräumung von angemessenen Anhörungsfristen. Der LACDJ Sachsen tritt der zunehmenden Unsitte der Verkürzung von Stellungnahmefristen entgegen.

Gesetzgeberische Vorhaben müssen so transparent wie möglich ablaufen. „Huckepack-“ oder „Omnibusgesetze“, mit denen zusätzliche gesetzgeberische Inhalte auf laufende Gesetzgebungsverfahren angehängt werden, bedrohen das demokratische Handeln der Parlamente und haben zu unterbleiben.

7. Heimat

Landläufig ist mit Heimat das Land oder der Ort gemeint, an dem man geboren wurde oder aufwuchs, ein Platz, der früh Sprache, Identität, Kultur und Charakter formte. Heimat definiert auch den Platz, an dem man wohnen und wo man sich aufhalten will, wo man sich geborgen, kurzum "heimisch" fühlt. Wer sich in seiner Nachbarschaft aber nicht sicher fühlt, kann nicht heimisch werden. Wer keine Heimat hat, besitzt kein Vertrauen in Politik und Staat.

Um eine erfolgreiche Integration von Zugewanderten zu erreichen, muss ihnen der Freistaat Sachsen eine Heimat bieten und sie wirksam unterstützen. Der LACDJ Sachsen fordert daher, dass sich die Politik des Themas Heimat noch aktiver annimmt. Eine Integration von Menschen aus anderen Ländern ist nur möglich, wenn die aufnehmende Gesellschaft für sich definiert, was sie ist, woher sie kommt, was ihr wichtig ist, was sie prägt, auszeichnet, besonders macht, erfolgreich, liebenswert und attraktiv. Zur Heimat gehören auch Sicherheit, Verlässlichkeit und das Einhalten von Regeln und Gesetzen. Darauf hinzuwirken ist zuvörderst Aufgabe des Staates, insbesondere der Polizei- und Ordnungsbehörden sowie der Justiz.

[1] https://www.politische.bildung.sachsen.de/download/21_09_10_Eckwerte_politische_Bildung.pdf

[2] Vgl. https://www.lpb-bw.de/publikationen/did_reihe/band16/didakr9e.htm

[3] https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/extremismuspraevention-2153684

[4] Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GG.

[5] https://www.cdu-parteitag.de/sites/www.pt22a.cdu.de/files/beschluss_antrag_a_grundwertecharta_der_cdu_deutschlands_.pdf

[6] https://www.mdr.de/nachrichten/sachsen/justiz-richter-staatsanwalt-personalmangel-job-ministerium-studium-100.html.

[7] https://www.beamtenbesoldung.org/beamtenbesoldung/hessen.html.

[8] https://oberlandesgericht-stuttgart.justiz-bw.de/pb/,Lde/Diplom+Rechtspfleger_in+_FH_.

[9] Sachsen: Katja Meier (Bündnis 90/Die Grünen), Staatsministerin der Justiz und für Demokratie, Europa und Gleichstellung; Berlin (bis 2023): Lena Kreck (Die Linke), Senatorin für Justiz, Vielfalt und Antidiskriminierung; Thüringen: Doreen Denstädt (Bündnis 90/Die Grünen), Ministerin für Migration, Justiz und Verbraucherschutz und Beauftragte gegen Antiziganismus und für das Leben der Sinti und Sintizze sowie Roma und Romnja in Thüringen.

[10] Vgl. Reckwitz, Die Gesellschaft der Singularitäten, 2017, Zusammenfassung abrufbar unter: https://de.wikipedia.org/wiki/Die_Gesellschaft_der_Singularit%C3%A4ten

[11] Vgl. Voßkuhle, Die Verfassung der Mitte, 2016.

[12] Vgl. BVerfG, Beschluss vom 5. Juli 2023 - 2 BvE 4/23.

Standpunkte zum verfassungsrechtlichen Anspruch auf Schulbildung in Coronazeiten (Stand: 31.05.2021)

Aus der Mitte des LACDJ Sachsen wurden eine Debatte über den verfassungsrechtlichen Anspruch auf Schulbildung jedes Kindes initiiert. Unter Einbeziehung der Meinung von Bürgern, Eltern und Lehrern entstand folgendes Positionspapier:

1. Ausgangslage/Bestandsaufnahme

Die COVID-19-Pandemie hat zu massiven Einschnitten in den Schulunterricht geführt. Seit über einem Jahr findet an sächsischen Schulen kein durchgehender Präsenzunterricht mehr statt. In Abhängigkeit von Inzidenzwerten sind seit März 2020 Homeschooling und Wechselunterricht an der Tagesordnung. Die damit einhergehenden Auswirkungen für schulpflichtige Kindern und deren Eltern sind dramatisch.

Inhalt, Ausgestaltung und Qualität des Unterrichts hängen noch mehr als sonst von der jeweiligen Schule und der verantwortlichen Lehrerin oder dem verantwortlichen Lehrer ab. An Grundschulen wird größtenteils nur in den Hauptfächern unterrichtet, während Fächer wie Kunst, Musik, Schulgarten, Sport oder Werken kaum gelehrt werden. An weiterführenden Schulen liegt es am jeweiligen Fachlehrer, überhaupt Onlineunterricht anzubieten oder den Kindern in häuslicher Lernzeit Gelegenheit zu geben, sich Wissen im Selbststudium anzueignen. Zwar steht mit LernSax eine digitale Plattform für Distanzunterricht zur Verfügung. Da jedoch nicht alle Haushalte über Computer, Drucker und leistungsfähige Internetverbindungen verfügen, ist ein Teil der Kinder und Jugendlichen vom digitalen Unterricht ausgeschlossen. Hinzu kommt, dass aufgrund von technischen Problemen oder teilweise fehlender Bereitschaft von Lehrkräften zur Nutzung der Plattform digitaler Unterricht nicht regelmäßig, nicht in allen Schulklassen und nicht fächerübergreifend stattfindet. Kinder erhalten im Distanzunterricht nur sporadisch Noten auf erbrachte Leistungen.

Mit monatelangem Fernunterricht, Fehlen des Schulalltags, mangelnden sozialen Kontakten zu Mitschülerinnen und Mitschülern und fast vollständigem Verbringen des Tages in den eigenen vier Wänden gehen verstärkt psychische Probleme von Kindern und Jugendlichen einher. Kindeswohlgefährdungen haben deutlich zugenommen; beispielhaft verdreifachten sich im Landkreis Meißen die Fallzahlen.

Die Situation benachteiligt besonders Kinder aus bildungsfernen Schichten, deren Bildungschancen selbst in Normalzeiten deutlich hinter denen anderer Kinder zurückbleiben. Art. 29 der Sächsischen Verfassung spricht vom gleichen Zugang auf Bildung. Dies scheint durch den sehr uneinheitlichen digitalen Unterricht der einzelnen Schulen gefährdet. In den Art. 101 und 102 SächsVerf gewährleistet das Land das Recht auf Schulbildung. Auch dies könnte bei der derzeitigen nur teilweisen Beschulung gefährdet sein.

2. Rechtliche Einordnung

Das Angebot und die Durchführung von Schulunterricht stehen nicht im Belieben der Politik, sondern folgen einem vorgegebenen rechtlichen Rahmen.

Das Recht auf Bildung stellt ein universelles Menschenrecht dar (Art. 26 Allgemeine Menschenrechtserklärung, Art. 13 Internationaler Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte, Art. 28 Kinderrechtskonvention). Bildung ist in der Verfassung des Freistaates Sachsen als ein Staatsziel formuliert (Art. 7 Abs. 1 SächsVerf). Art. 9 Abs. 1 SächsVerf erkennt das Recht eines jeden Kindes auf eine gesunde seelische, geistige und körperliche Entwicklung an. Gemäß Art. 29 Abs. 2 SächsVerf haben alle Bürger das Recht auf gleichen Zugang zu den öffentlichen Bildungseinrichtungen. Art. 101 ff. SächsVerf enthalten Regelungen zum Bildungswesen; Art. 102 Abs. 1 SächsVerf gewährleistet das Recht auf Schulbildung und bestimmt eine allgemeine Schulpflicht. Der Freistaat Sachsen steht in der Pflicht, die notwendigen finanziellen, sachlichen und organisatorischen Mittel bereitzustellen, damit jeder das Recht auf Schulbildung wahrnehmen kann. Dabei basiert die Vorstellung des Verfassungsgebers auf der Durchführung von Präsenzunterricht.

Der staatliche Bildungsauftrag und das Recht des Einzelnen auf Bildung gelten nicht absolut und sind nicht abwägungsresistent. Sie müssen sich mit anderen konfligierenden grundrechtlich geschützten Rechtsgütern messen; zwischen ihnen ist ein schonender Ausgleich am Maßstab der praktischen Konkordanz vorzunehmen. Dies gilt im Hinblick auf die COVID-19-Pandemie insbesondere für die staatliche Schutzpflicht für das Leben und die Gesundheit (Art. 16 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Art. 14 Abs. 1 SächsVerf).

Es bedarf deshalb in Pandemiezeiten einer sorgfältigen Abwägung zwischen Belangen des Gesundheitsschutzes auf der einen und Belangen der Bildung auf der anderen Seite.

Bei Inzidenzwerten von über 100 unterliegt der Schulbetrieb den bundesgesetzlichen Einschränkungen des § 28b Abs. 3 IfSG. Bei darunterliegenden Inzidenzwerten kann der Landesgesetzgeber gemäß § 28a Abs. 1 Nr. 16 i.V.m. § 33 Nr. 3 IfSG i.V.m. der jeweiligen Coronaschutzverordnung die Schließung von Schulen oder die Erteilung von Auflagen für die Fortführung des Betriebs als Schutzmaßnahme zur Verhinderung der Verbreitung von COVD-19 vorsehen.

Gesetzliche Regelungen zur konkreten Ausgestaltung von Homeschooling und Wechselunterricht sind nicht vorhanden.

3. Ausblick

Ein klares Konzept zur Ausgestaltung von Homeschooling im Freistaat Sachsen muss künftig Schwerpunkt für Schulen, Lehrkräfte und Eltern werden. Der Improvisation müssen künftig klare Strukturen folgen und der verfassungsrechtliche Anspruch allen Kindern gewährt werden.

Die Politik darf die skizzierten Probleme nicht aussitzen und darauf hoffen, dass sich die COVID-19-Pandemie bald erledigt haben wird. Es gilt, aus dem bisherigen Pandemiegeschehen zu lernen und daraus für Gegenwart und Zukunft die richtigen Schlüsse zu ziehen. Die aktuelle Pandemie ist noch nicht beendet und niemand kann vorhersagen, wann die nächste auf uns zukommt. Das kann erst in hundert Jahren der Fall sein, aber auch schon in Monaten.

Der LACDJ spricht sich deshalb dafür aus, eine gesetzliche Regelung für den Schulunterricht in Pandemiezeiten zu schaffen und somit das Thema dem für Gesetzgebungsverfahren üblichen Diskurs zu unterwerfen. Im Hinblick auf die beschriebene hohe grundrechtliche Relevanz gebieten die Wesentlichkeitsdoktrin eine gesetzliche Ausgestaltung der an die Regelungen des Infektionsschutzrechts anknüpfenden genaueren Voraussetzungen von Homeschooling und Wechselunterricht im Sächsischen Schulgesetz. Dies betrifft – bei Inzidenzen von weniger als 100 (vgl. § 28b Abs. 3 Satz 1 Hs. 2 IfSG) – auch die Teilnahme am Präsenzunterricht in Krisenzeiten, sofern dieser von bestimmten Voraussetzungen abhängig gemacht wird (Testpflicht, Impfnachweis, Nachweis einer überstandenen Infektion). Nicht geimpfte Kinder dürfen nicht vom Unterricht ausgeschlossen werden.

Die detaillierte Ausgestaltung von Homeschooling und Wechselunterricht kann dem Verordnungsgeber überlassen bleiben. Lehrpläne sind an die Besonderheiten dieser Unterrichtsmodelle anzupassen. Das zuständige Fachressort hat dafür Sorge zu tragen, dass Schuldirektorinnen und -direktoren sowie Lehrkräfte umfassend geschult werden, um den besonderen Anforderungen an den Unterricht in Krisenzeiten zu entsprechen.

Rechtspolitisches Positionspapier (Stand: 05.09.2016)

Wir bekennen uns im Freistaat Sachsen zum Gewaltmonopol des Staates. Nur der starke Staat kann eine Ordnung in Demokratie, Sicherheit und Freiheit garantieren. Der Staat muss geltende Gesetze konsequent umsetzen. Dies kann der Freistaat Sachsen nur leisten, wenn alle Bereiche personelle und sächlich ausreichend ausgestattet sind.

1. Personal in der Justiz und im Justizvollzug

Die Arbeitsfähigkeit der sächsischen Justiz kann nur dann sichergestellt werden, wenn die notwendigen Rahmenbedingungen geschaffen, ausreichend Personal und Ausstattung bereitgestellt werden. Der demokratische Rechtsstaat hat sich neuen Herausforderungen zu stellen. Der internationale Terrorismus wird auch vor den deutschen Landesgrenzen nicht Halt machen. Hinzu kommt die zunehmende Verrohung bei Sportereignissen und Demonstrationen. Schließlich ist der immense Zustrom von Flüchtlingen zu bewältigen.

Diese Probleme bedingen große Anstrengungen im Bereich der zuständigen Verwaltung, insbesondere bei der Polizei, den Ausländerbehörden und dem Bundesamt für die Migration und Flüchtlinge. Diese Anstrengungen müssen sich auch im Personalbestand der Justiz fortsetzen, deshalb muss der Freistaat Sachsen sein Personal in der Justiz erhöhen und dazu auch neue Stellen schaffen. Eine Bewältigung der Probleme kann ohne rechtstaatliche Einbußen nur gelingen, wenn die Justiz ihre Aufgaben erfüllen kann.

Erste Ansätze sind im Bereich der Verwaltungsgerichtsbarkeit durch die Zuweisung weiterer Richter und Geschäftsstellenkräfte bereits erfolgt. Dies muss sich auch in den anderen Gerichtsbarkeiten, insbesondere auch bei den Staatsanwaltschaften fortsetzen.

Auch die Altersstruktur der Justiz ist zu bedenken. Ein hoher Anteil der Richter gehört zu der Altersgruppe der 50 bis 60jährigen. Auch bei den Staatsanwälten findet sich eine vergleichbare Altersstruktur. Dazu benötigen wir ein Personalentwicklungskonzept, um qualifiziertes Personal auch nach der Pensionierung vieler Richter und Staatsanwälte in ausreichender Anzahl zu haben. Dieses Konzept sollte nicht bei der Frage der Einstellung und Termine stehen bleiben, sondern auch Grundsätze für die weitere Entwicklung (Leitungsaufgaben, Beförderungen) bieten.

Auch die Ausstattung der Justiz mit IT-Technik muss ausreichend, zweckmäßig und funktionsfähig sein.
Die ausgeführten Thesen gelten besonders für den Bereich des Justizvollzugs. Auch hier sind die Belastungen durch eine unausgewogene Altersstruktur in den Blick zu nehmen und vorausschauende Maßnahmen zu ergreifen.

Der Justizvollzug leistet seinen wichtigen Beitrag zur Gewährleistung der inneren Sicherheit im Freistaat Sachsen.

Der Justizvollzug braucht eine Initiative zur Verbesserung der Altersstruktur. Neben neuen Ausbildungsstellen muss die Aus- und Weiterbildung gestärkt werden. Dabei muss die Zahl der Vollzugsbediensteten, die ihr Arbeitsleben im durchgängigen Schichtdienst absolvieren, erhöht werden. Vergleichbares gilt für die Fachdienste, die ihren Beitrag zur Resozialisierung leisten. Der Schwerpunkt muss die Gewährleistung des Behandlungsvollzuges mit Gefangenen und die Gewährleistung der Sicherheit und Ordnung in den Haftanstalten bilden.

Der Justizvollzug im Freistaat Sachsen hat die Aufgabe, neben der Strafverbüßung alles für die Wiedereingliederung in die Gesellschaft Notwendige zu tun. Die Resozialisierung steht dabei im Vordergrund. Das Ziel ist ein Leben ohne kriminelle Handlungen nach der Haftentlassung. Von den Gefangenen wird erwartet, sich selbst von den begangenen Taten zu distanzieren. Während der Strafverbüßung sind ausreichend Arbeitsmöglichkeiten, Ausbildungsangebote und weitere Maßnahme, die einen durch Arbeit begleiteten Tagesablauf gewährleisten, bereitzustellen. Im Mittelpunkt muss das Erlernen von sozialem Zusammenleben stehen. Sozialkompetenz und Werte wie Gerechtigkeit, Teilhabe und Solidarität sind anzustrebende Ziele. Arbeit, Bildung und das Erlernen sozialer Kompetenzen sind die besten Grundlagen für die Vorbereitung des Lebens in der Freiheit.

Die Vielzahl der Aufgaben des Strafvollzuges kann nur mit einer ausreichenden Personalausstattung bewältigt werden. Es reicht nicht aus mit einem Mindestbestand bloß zu „verwalten“.

2. Verbesserungen des Rechtssystems

Verbesserungen des existierenden Rechtssystems sind aber nicht nur eine Frage des Personals und der Ausstattung, sondern auch der inhaltlichen Überlegungen.

Der Schwerpunkt des LACDJ liegt derzeit bei folgenden Themen

7 Punkte für eine moderne Bürgerbeteiligung

Das Recht auf Beteiligung des Volkes an der Gestaltung ist ein tragender Grundsatz einer demokratischen Gesellschaft. Bürger können sich vielfältig engagieren und einbringen, dies geschieht in Gemeinderäten, als sachverständiger Bürger, in Bürgerinitiativen oder Vereinen. In Kreistagen oder Parlamenten spielen dabei Parteien eine große Rolle. Im Bereich der Rechtsprechung ist die Mitwirkung ehrenamtlicher Richterinnen und Richter (eine Errungenschaft der bürgerlich-demokratischen Revolution 1848/49) ein tragendes Element des deutschen Rechtssystems.

Der LACDJ setzt sich dafür ein, dass die Bürgerbeteiligung verstärkt wird:

  1. Wirksame Bürgerbeteiligung ist eine Grundlage dafür, dass richtige Entscheidungen getroffen werden können.
  2. Bürgerbeteiligung bedeutet Information und Mitsprache des Bürgers bei Vorhaben in Gemeinden, Landkreisen und bei Vorhaben des Freistaates Sachsen. Information, Mitsprache und Transparenz sind wichtige Grundlagen der Demokratie. Die Bürger können so politische Prozesse, auch im Gesetzgebungsverfahren, mitgestalten.
  3. Die klassischen Verwaltungsverfahren zur Planfeststellung oder Erteilung einer Genehmigung bilden weiterhin die Grundlage für ein rechtsstaatliches Vorgehen so-wie die gerichtliche Kontrolle. Neue und zusätzliche Formen der Beteiligung (z.B. Bürgerversammlungen, Informationsveranstaltungen, Diskussionen zu Gesetzesvorhaben bis hin zu elektronischen Bürgerbeteiligungsportalen) sollen auch neben dem Verwaltungsverfahren offen stehen können.
  4. Die Bürgerbeteiligung ist auch bei langfristigen Verfahren durch Information sicherzustellen.
  5. Beteiligungsverfahren sind offen für alle Interessierten als Mitglieder einer lebendigen demokratischen Gesellschaft. Diese große Offenheit ist möglich, da das klassische Entscheidungsverfahren in der alleinigen Verantwortung der staatlichen Verwaltung bestehen bleibt.
  6. Eine gute Bürgerbeteiligung ist auf die Unterstützung der der Berichterstattung in den Medien angewiesen. Ausgewogene Berichte tragen zum Erfolg des Beteiligungsverfahrens maßgeblich bei.
  7. Moderne Bürgerbeteiligung ist angewiesen auf die Bereitschaft der Bürger sich einzubringen.

3. Datensicherheit / moderner Staat

Für den LACDJ ist die Rechts- und Netzpolitik Teil einer modernen Gesellschaftspolitik. Der LACDJ fordert einen wirksamen Schutz und eine durchgreifende Achtung des Grundrechts auf Informationelle Selbstbestimmung.

Das Informationelle Selbstbestimmungsrecht verleiht dem Einzelnen die Befugnis, grundsätzlich selbst zu bestimmen, wann und in welchem Umfange er persönliche Lebenssachverhalte preisgeben möchte. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ist Bestandteil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, das durch Art. 2 i.v.m. Artikel 1 des Grundgesetzes geschützt wird. es genießt daher Verfassungsrang und ist wesentliche Ausprägung der Menschenwürde und der allgemeinen Handlungsfreiheit. Die Sächsische Verfassung greift diese Forderung in Artikel 33 auf.

Bereits heute schreibt das sächsische E-Governmentgesetz (von 2014) vor, dass die Behörden des Freistaates für den Verkehr mit dem Bürger den Empfang verschlüsselter Nachrichten anbieten müssen. Bislang ist dies eher die Ausnahme als die Regel. Zur Absicherung gegen Manipulation ist für alle Behörden des Freistaates eine durchgängige Sicherheitsstrategie notwendig. Teil der Sicherheitsstrategie kann auch ein Verschlüsselungssystem sein. Dazu wird auch ein Kommunikationsnetz benötigt, das Daten sicher überträgt.

Trotz diverser „Skandale“ um „gehackte“ Daten erleben wir, dass private Daten freiwillig preisgegeben und von Internetanbietern, Suchmaschinen, Providern, Payback-Anbietern etc. gesammelt werden. Sie machen sich das menschliche Streben nach Konsum, Unterhaltung, Spiel, Information und Kommunikation zunutze, indem sie ihre Dienste nur dem anbieten, der seine Daten preisgibt. Es werden Informationen über den Einzelnen abgelegt, deren Verwendung für uns im Dunkeln bleibt.

Den Bürgern sind verstärkt Informationen und konkrete Handreichungen zu geben, wie sie den Schutz ihrer Daten durch Mittel wie sparsamer Veröffentlichung von Daten und durch Einsatz von Verschlüsselungstechniken sicherstellen kann. Mit diesen Maßnahmen ist schon in den Schulen zu beginnen.

Cybersicherheit, Datenschutz und vertrauenswürdige IT sind Grundlagen für einen sicheren digitalen Datenverkehr.

Der Schutz der Grund- und Bürgerrechte in einer digitalen Gesellschaft ist ein Thema christlich-demokratischer Politik, der Einzelnen muss nicht nur aufgeklärt, sondern auch geschützt werden. Ein effektiver Schutz der Grundrechte in der Informationsgesellschaft bedeutet Datenschutz auf europäischer und internationaler Ebene weiter zu entwickeln.

4. Verbraucherschutz– Verbraucherrechte stärken

Der Verbraucher steht einem nahezu unüberschaubaren Angebot von Waren und Dienstleistungen gegenüber. So wie der LACDJ vom mündigen Bürger erwartet, dass er über die Kompetenz verfügt, sich (rechts-) sicher am Markt zu bewegen, so fordert er von Produzenten und vom Handel das Verhalten eines „ehrbarer Kaufmanns“.

Diese haben dafür einstehen, dass die von ihnen in erstellten und in Umlauf gebrachte Waren und Dienstleistungen sicher sind und über die zugesicherten Eigenschaften verfügen. Irreführende Werbung und Zusagen ins Blaue hinein sind stärker zu sanktionieren. Der wirtschaftlichen Macht von Industrie und Handel muss in Fällen eines Fehlverhaltens eine gestärkte Verbraucherposition gegenüber gestellt werden.

Die bereits bestehende Möglichkeit der Individualklage (oder Klagen von eingetragenen Verbraucherschutzverbänden) ist durch die Möglichkeiten von Sammelklagen zu stärken.

Darüber hinaus müssen zudem abschreckende Sanktionen vorsehen werden, die Produzenten und Handel von Täuschungen und Manipulationen abhalten, wie z. B. Preis- oder Gebietsabsprachen.

So stellt der bekanntgewordene Skandal um die Manipulationen von Abgaswerte bei Dieselfahrzeugen nicht nur ein betrügerisches Verhalten gegenüber den Käufern dar. Durch erhöhte Schadstoffwerte wurde bzw. wird auch die Gesundheit von Menschen wie auch die Umwelt gefährdet. Entsprechendes Handeln muss durch spürbare, auch am Gewinn des Unternehmens orientierte Schadensersatzzahlungen/Strafzahlungen sanktioniert werden. Ein Unternehmen mit Milliardengewinnen wird sich von niedrigen Bußgeldern niemals abschrecken lassen. Fehlverhalten muss unabhängig von einem Verschulden von Unternehmensleitungen spürbare finanzielle Konsequenzen haben.

Unlauteres Gewinnstreben ist unserer Rechtsordnung fremd und darf sich nicht lohnen. Soziale Marktwirtschaft erfordert zwingend Korrektive für die schwächeren Marktteilnehmer.

5. Mediation – Juristischer Paradigmenwechsel

Bereits seit 2012 gilt das Gesetz zur Förderung der Mediation und anderer Verfahren außergerichtlicher Konfliktbeilegung. Das Kernstück des Gesetzes bildet das Mediationsgesetz, das erstmals die Rahmenbedingungen für das Verfahren und den Mediator gesetzlich regelt. 2016 wurde mit dem Verbraucherstreitbeilegungsgesetz und einer Verordnung über die Online-Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten nachgelegt.

Der LACDJ macht sich stark für konsensuale Konfliktlösungsvarianten und ihre öffentliche Wahrnehmung. Konflikte möglichst frühzeitig zu befrieden verlangt von der Anwaltschaft Kenntnisse über Konfliktlösungsmodelle, die sorgfältig mit den Rechtsuchenden gegeneinander abzuwägen sind. Eine dabei kompetent am Recht und am Interesse des Rechtsuchenden orientierte Dienstleistung ist der Schlüssel für eine erfolgreiche außergerichtliche Streitbeilegung.

Die Vorteile eines Mediationsverfahrens sind gleichzeitig die Grundsätze, die dieses Verfahren prägen: Eigenverantwortung, Vertraulichkeit, Freiwilligkeit, Neutralität, Informiertheit. Die Nachhaltigkeit der von den Beteiligten selbständig gefundenen Lösung ermöglicht weitere Beziehungen, sei es privat oder geschäftlich.

Ein Gerichtsverfahren dagegen ist immer fremdbestimmt, in der Regel öffentlich, auf Beklagtenseite unfreiwillig, zwar neutral, jedoch von prozessualen Taktiken beherrscht, das am Ende einen Sieger und einen Verlierer festlegt. Für viele Rechtsuchende wird ein Gerichtsverfahren regelmäßig nicht nur wegen dem ungewissen Ausgang als sehr belastend empfunden.

Trotz der Neufassung der Zivilprozessordnung, wonach bei Klageerhebung angegeben werden soll, ob dieser ein Versuch eines außergerichtlichen Konfliktbeilegungsverfahrens vorausgegangen ist, lässt sich bisher gerade in der Anwaltschaft - wohl aus Gebühreninteresse - wenig Akzeptanz für die Mediation finden.
Hingegen hat sich die Justiz in Sachsen durch qualifizierte Richter bereits gut aufgestellt und dadurch Akzeptanz für die Mediation bei Rechtsuchenden geschaffen:

Ein entscheidungsbefugter Richter kann das Verfahren nach Zustimmung der Beteiligten an den sog. Güterichter verweisen, der dann alle Methoden der Konfliktbeilegung einschließlich der Mediation anwenden kann.

Der LACDJ steht dafür, dass eine außergerichtliche Streitbeilegung orientiert an den Interessen der Beteiligten durch Anwaltsmediatoren einen wichtigen Beitrag für den Rechtsfrieden schaffen kann und muss. Auch die Rolle des Güterichters soll noch mehr in der öffentlichen Wahrnehmung in den Fokus rücken.

"Recht sichert Freiheit" - Grundsatzpapier des LACDJ Sachsen (Stand: Herbst 2013)

1. Zugang der Bürger zum Recht gewährleisten

Das Grundgesetz (Art. 19 Abs. 4 GG) und die Sächsische Verfassung (Art. 38 SächsVerf) garantieren dem Bürger den Zugang zur Justiz. Er hat einen Anspruch darauf, sich an die Gerichte wenden zu können und darüber hinaus effektiven Rechtsschutz zu erhalten.

Dieser Anspruch ist nicht voraussetzungslos. So können dem Bürger die Kosten des Gerichtsverfahrens auferlegt werden, sofern diese nicht unzumutbar hoch werden. Dafür ist derzeit nichts ersichtlich.

Der Rechtsschutz muss effektiv sein. Daran kann man anhand der Verfahrenslaufzeiten zweifeln. Wenn gerichtliche Verfahren über ein Jahr dauern und selbst in Eilverfahren Monate in Anspruch nehmen, ist das wenig effektiv. Zudem werden viele Verfahren durch unstreitige Erledigungen beendet. Das wird in vielen Fällen eine gute Lösung darstellen, wenn die Parteien/Beteiligten sich gütlich einigen. Wenn eine Einigung nur unter Erledigungsdruck angestrebt wird und nur erfolgt, weil man sonst unabsehbar warten muss, ist das kein positiver Ausgang des Verfahrens. Der Erledigungsdruck bei Gericht darf nicht dazu führen, dass die Rechtsanwälte ihre Aufgabe als Organ der Rechtspflege nicht mehr nachkommen können.

Die Gründe für lange Verfahrenslaufzeiten sind vielfältig. Die Besetzung der Gerichte erfolgt im Wesentlichen aufgrund der Personalbedarfserhebung (Pebb§y). Grob gesagt wird damit ausgerechnet, wie viele Richter, Rechtspfleger und weiteres Personal notwendig ist, um die eingehenden Verfahren zu bewältigen. Bei der personellen Ausstattung der sächsischen Justiz wird indes hier nicht eine 100% Besetzung angestrebt, sondern Unterbesetzungen werden in Kauf genommen. Das führt nicht nur zu Defiziten bei der Bearbeitung der eingehenden Verfahren, sondern auch zu einem Bestand an nicht erledigten Verfahren. Diese Verfahren werden dann bei der Zuweisung von Personal nicht mehr berücksichtigt, weil nur der aktuelle Eingang einbezogen wird. Wenn also an einem Gericht viele Altverfahren anhängig sind, ist die nach Pebb§y vorgenommene Personalzuweisung nicht adäquat.

Wir stehen weiter für die Justiz in der Fläche, damit der Bürger wohnortnah Zugang hat.

2. Arbeitsfähigkeit der sächsischen Justiz sichern

Die Arbeitsfähigkeit der sächsischen Justiz wird zunächst gesichert durch eine gute sachliche Ausstattung und Unterbringung. Hier sind keine grundsätzlichen Defizite erkennbar.

Die Personalausstattung entspricht nicht immer den tatsächlichen Bedürfnissen (s. o. Ziff. 1). Der Verzicht darauf, an allen Gerichten und Staatsanwaltschaften eine 100% Besetzung (Pebb§y) anzustreben, kann dazu führen, dass personell unterbesetzte Einrichtungen Personal an andere Behörden abgeben sollen, nur weil diese noch schlechter ausgestattet sind. Das spricht für sich.

Die Herausforderung der nächsten Jahre wird die heutige Altersstruktur der Richterschaft sein. In fast allen Gerichtszweigen ist die Mehrheit der Richter über 50 Jahre alt.

Das Gewinnen von qualifiziertem Personal muss frühzeitig und vorausschauend begonnen werden.

Ganz wesentlich für einen funktionierenden Rechtsstaat ist, dass die Bürgerinnen und Bürger auf die zügige Abwicklung von Gerichtsverfahren vertrauen können. Am Rechtsstaat darf aber nicht gespart werden.

3. Strafverfolgung als Teil der Inneren Sicherheit gewährleisten

Polizei ist für jede und jeden wieder sichtbar Freund und Helfer. Innere Sicherheit ist auch ein Gefühl der Bevölkerung, obwohl die »Polizeilichen Kriminalstatistik« in Sachsen ein Sinken der Kriminalität ausweist, wird dies so nicht wahrgenommen. Dies Gefühl hängt

stark mit Vertrauen in Staat und gesellschaftliche Einrichtungen zusammen Es ist wichtig, Straftaten schnell zu verfolgen und Gerichte bald urteilen zu lassen. Insbesondere Jugendliche und junge Erwachsene dürfen nicht das Gefühl bekommen, die Tat sei sehr lange her, bevor das Gerichtsverfahren einsetzt.

Nur ein starker Staat kann eine Ordnung, die Freiheit und persönliche Sicherheit gibt, schützen und aufrechterhalten. Deshalb sind Freiheit des Bürgers und Autorität des Staates keine Gegensätze, sie bedingen einander. Die Wahrung des inneren Friedens ist kein Selbstzweck, sondern Grundlage menschlichen Zusammenlebens in jeder Gemeinschaft und unabdingbare Voraussetzung für Freiheit und Entfaltung der Bürger. Nur der Staat, der sich gegen die Bedrohung des inneren Friedens entschlossen zur Wehr setzt und Gesetzesbrecher konsequent zur Verantwortung zieht, wird vom vertrauen seiner Bürger getragen.

Wir bekennen uns zum staatlichen Gewaltmonopol. Es gehört zu den Grundlagen eines demokratischen Rechtsstaates. Das Gewaltmonopol des Staates bedeutet nicht staatliche Allmacht, sondern schützt gerade die Schwächeren in der Gesellschaft und ist Voraussetzung für die Rechtssicherheit des Bürgers.

Der Staat muss die geltenden Gesetze konsequent durchsetzen. Die demokratisch legitimierte und rechtlich verfasste Staatsgewalt und die sie ausübenden staatliche Organe dürfen keine rechtsfreien Räume dulden.

Organisierte Formen der Kriminalität müssen mit aller Konsequenz verfolgt werden. Geldwäsche, Wirtschaftskriminalität, neue Formen der Kriminalität im Internet müssen durch die Stärkung der Strafverfolgungsbehörden bekämpft werden. Dabei müssen wir uns zur Bekämpfung der Kriminalität im internationalen Finanzverkehr diesen neuen Herausforderungen stellen. Zur Bekämpfung von Schutzgelderpressung, Menschenhandel, Rauschgifthandel und illegalem Glücksspiel bedarf es der weiteren Verbesserung der Strafverfolgung.

Wir unterstützen Polizei und Justiz im Kampf gegen das Verbrechen nachhaltig. Sie müssen über die zur Bewältigung ihrer schwierigen Aufgaben notwendigen Rechtsgrundlagen sowie über eine angemessene, aufgabengerechte personelle und sachliche Ausstattung verfügen können.

Wirksame Kriminalitätsbekämpfung gibt es nicht zum Nulltarif. Auch in Zeiten knapper finanzieller Ressourcen müssen die notwendigen Mittel für die Verbrechensbekämpfung bereitgestellt werden. Das muss Priorität haben.

4. Recht sichert wirtschaftliche Entwicklung

Der Rechtsstaat bringt Rechtssicherheit. Die Verlässlichkeit der Einhaltung von Regeln ist eine Voraussetzung dafür, dass Individuen und Firmen planen und wirtschaften können. Der Verzicht auf Rechtssicherheit und Einschränkungen der Garantie, Rechtsschutz suchen zu können (s. o.), entwertet Planungsentscheidungen oder macht sie gar unmöglich. Nicht umsonst ist Deutschland ein wirtschaftlich herausragendes Land. Der Rechtsstaat, also funktionierende Justiz und zuverlässige Verwaltung, garantieren fairen Wettbewerb für Handwerk und mittelständische Unternehmen.

5. Opferschutz verbessern

Der Schutz und die Rechte des Opfers von Straftaten und Opferangehörige müssen im Strafverfahren größeres Gewicht haben. Opfer dürfen mit den Folgen der Tat nicht allein gelassen werden. Sie brauchen schnell und unbürokratisch Hilfe. Der strafrechtliche Deal und die Kronzeugenregelungen müssen die Ausnahme bleiben. Polizei und Staatsanwaltschaft müssen so ausgestattet sein, dass eine effektive Strafverfolgung (auch im Sinne der Opfer) möglich ist.

Menschen, die Opfer betreuen, begleiten oder unterstützen sowie Opferschutzvereinigungen müssen unterstützt und in ihren Ehrenämtern bestärkt werden.

6. Europäische Rechtsetzung nicht verkomplizieren

Das Subsidiaritätsprinzip ist eine Grundlage der Europäischen Union. Daran muss sie sich messen lassen. Das europäische Recht nimmt immer mehr Einfluss auf unsere Rechtswirklichkeit. Das liegt nicht nur an den vielen Regelungen in klassischen Bereichen des Europarechts, sondern auch an einer Ausweitung auf Bereiche, in denen es noch vor wenigen Jahren undenkbar erschien, dass hier Europarecht gelten solle (etwa Beamtenrecht). Hinzu kommt die expansive Rechtsprechung des EuGH, der im Zweifel für die Anwendbarkeit von europäischen Regelungen entscheidet.

Die europäischen Regelungen sind zum Teil äußerst komplex (Umweltrecht, Naturschutz). Das ist oft der Schwierigkeit der Materie geschuldet. Für die Rechtsanwender kommt hinzu, dass viele nationale Besonderheiten durch den Vereinheitlichungswillen der Institutionen der EU nach und nach fallen.

Es darf nicht Ziel sein, nationale Besonderheiten in allen Bereichen zu nivellieren. Unterschiedliche Regelungen sind nicht per se ein Hindernis, sondern entsprechen oft den Bedürfnissen der Menschen und Regionen.